Sunday, May 5, 2013

Luzia Stalder - Swiss youth in science portrait - Intel ISEF abstract

Episodisches und semantisches Gedächtnis im Altersvergleich


Würdigung durch die Expertin
Dr. Gabriele Ewald
Basierend auf einer sorgfältig erarbeiteten Literaturbasis hat Luzia Stalder ihre Studie aufgebaut, um verschiedene Gedächtnisleistungen im Altersvergleich zu untersuchen. Ihre Motivation bezieht sie aus der demographischen Verschiebung zu höherem Alter und den erlebten Klagen der Älteren über ein schlechtes Gedächtnis. Sie optimiert systematisch und umsichtig ihre Versuchsbedingungen und ihr Messinstrument. Besonders hervorzuheben sind die umfassende kritische Diskussion ihrer Ergebnisse, Ideen für eine Weiterführung dieser Forschung und die mögliche Anwendung in der Gesellschaft.

Fragestellung
Das Gedächtnis im Alter stellt durch die Verschiebung der Alterspyramide in unserer Gesellschaft ein immer wichtiger werdendes Thema dar. Mit zunehmendem Alter werden oft Einbussen von Gedächtnisfunktionen erlebt. Doch sind solche beim Wissensspeicher (semantisches Gedächtnis) und beim Erfahrungsspeicher (episodisches Gedächtnis) dieselben?
Es ist bekannt, dass ältere Menschen aufgrund ihrer reduzierten Verarbeitungsressourcen Informationen weniger tief verarbeiten können und deshalb ihre Voraussetzungen für episodische Erinnerungen eingeschränkt sind. Im Gegensatz dazu ist das semantische Gedächtnis, welches Wissen ohne Kontextinformationen speichert, auch in hohem Alter kaum limitiert.
Folgende Hypothese wird formuliert: Ältere Personen zeigen im Vergleich zu jüngeren eine geringere episodische Gedächtnisleistung, die semantische Gedächtnisleistung ist aber bei beiden Gruppen vergleichbar.

Methodik
In einem Wiedererkennungstest wird eine jüngere Probandengruppe (M= 20-jährig; n= 13) mit einer älteren Probandengruppe (M= 70-jährig; n=13) verglichen. Die Gruppen werden so ausgewählt, dass sie in der Anzahl ihrer Bildungsjahre übereinstimmen. Die insgesamt 26 Probanden werden einzeln getestet. Es werden 48 Begriffe gelernt, die dann in der Wiedererkennungsphase mit 48 ähnlichen Ablenker- Begriffen vermischt werden und richtig wiedererkannt werden müssen. Die Begriffe wurden ausgehend von den Listen von Molander und Arars (1998) zusammengestellt und für die deutsche Sprache optimiert. Im Test wird die eine Hälfte der Begriffe nur gelesen (Lese-Begriffe), die andere Hälfte pantomimisch nachgestellt (Tun-Begriffe). Das Nachstellen eines Begriffes erfordert Planung und Bewegungskontrolle. Die Integration der neuen Erfahrung in bestehendes Wissen wird dadurch verbessert. Die Leistung bei Tun-Begriffen wird daher als Mass für die episodische Gedächtnisleistung benutzt. Bei Lese-Begriffen wird das episodische Gedächtnis kaum benutzt, das Wissen darüber wird vorwiegend im semantischen Gedächtnis gespeichert. Deshalb werden die Lese-Begriffe als Mass für das semantische Gedächtnis verwendet. Um die Signifikanz der Resultate zu prüfen, wurden für alle Aufgaben eine einfaktorielle Varianzanalyse mit den Faktoren Gruppe (Senioren vs Junioren) und Aufgabe (Tun vs Lesen) durchgeführt.

Ergebnisse
Junioren können mehr Tun- und Lese-Begriffe richtig wiedererkennen (Junioren : Senioren, Tun-Begriffe M=93% vs M=84%; Lese-Begriffe M=69% vs M=53%; p=0.004). Beide Probandengruppen erreichen bessere Leistungen bei Tun-Begriffen als bei Lese-Begriffen (p<0.001). Die Fehlerhäufigkeit unterscheidet sich deutlich nach Gruppe und Aufgabentyp. Bei Lese-Begriffen ist die Anzahl Fehler von Junioren und Senioren identisch. Bei Tun-Begriffen haben Senioren eine stark erhöhte Fehleranzahl im Vergleich zu den Junioren (Junioren : Senioren, Fehler Lese-Begriffe M=10% vs M=10%; Fehler Tun-Begriffe M=8% vs M=17%; p=0.002).

Diskussion
Mit der erhöhten Fehlerrate der Senioren bei Tun-Begriffen kann gezeigt werden, dass die episodische Gedächtnisleistung im Alter vermindert ist. Demgegenüber ist die Fehlerrate bei Lese-Begriffen bei Senioren und Junioren identisch, was für eine unbeeinträchtigte Leistung des semantischen Gedächtnisses im Alter spricht.
Testbedingt konnte die Leistung der Junioren nicht optimal erfasst werden. Eine Optimierung der Begriffsliste wurde vorgeschlagen.

Schlussfolgerungen
Im Unterschied zu anderen Studien werden in dieser Arbeit Probanden mit verschiedenen Ausbildungen eingeschlossen. Es wäre interessant, verschiedene Berufsgattungen mit unterschiedlichem Bildungsniveau mit diesem Wiedererkennungstest zu vergleichen, um herauszufinden, welche Tätigkeiten einen Einfluss auf unterschiedliche Gedächtnisfunktionen haben. Weiter wäre es interessant herauszufinden, ob sich bestimmte Trainingseinheiten auf die Gedächtnisleistung auswirken. Dieses Grundlagenwissen könnte nützlich sein, um Lerntechniken bei älteren Menschen zu studieren und vielleicht sogar «massgeschneiderte» Hilfsinstrumente zu entwickeln.

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Episodic and semantic memory: is there a difference between young adults and seniors?


Older people are expected to show a reduced episodic performance compared to younger people.
In contrast, the semantic performance should be similar for both groups.
To prove the hypothesis a recognition test was adapted and used to compare a younger test group
(M= age 20y; n= 13) with an older one (M= age 70y; n= 13). In the test 48 items had to be learned,
24 “reading items”= measurement for semantic memory, 24 had to be acted out, “pantomime
items”= measurement for episodic memory. After randomizing the items with 48 similar
distracting items, the correct recognition was tested.
It was shown that the older age group had a lower episodic performance whereas the semantic
performance was comparable for both groups. The differences were most striking by the various
error frequencies of juniors and seniors. Performance in pantomime-items was significantly better
for juniors than for seniors (juniors : seniors false pantomime items M=8% vs M=17%; p=0.002).
Performance in reading items was identical for both groups (false reading items juniors M=10% vs
seniors M=10%).
It would be valuable to use this recognition test with different professional categories and groups
with different educational levels to find out by which activities the memory performance is
influenced. Furthermore, it could be investigated how different trainings improve memory skills.
In future, these findings may facilitate studies about learning techniques and technical devices
which are especially adapted for older people.

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